Konzert Wien Musikverein • 27. Januar 2016

BOULANGERIE
MIT FRIEDRICH CERHA
PROGRAMM

Wolfgang Amadeus Mozart, Trio E-Dur KV 542
Friedrich Cerha, Drei Stücke für Violoncello und Klavier (2013)
Alban Berg, Adagio (1924/25) für Violine, Klarinette und Klavier
Friedrich Cerha, Fünf Sätze für Violine, Violoncello und Klavier (2007/08)
mit Daniel Ottensamer, Klarinette
Gast: Friedrich Cerha
Gefördert von der Alban Berg Stiftung

Friedrich Cerha

© Manu Theobald

Friedrich Cerha wurde 1926 in Wien geboren. Schon als Gymnasiast leistete er politisch aktiven Widerstand, desertierte dann zweimal von der deutschen Wehrmacht und überlebte das Kriegsende als Hüttenwirt in Tirol. Ab 1946 studierte er an der Wiener Musikakademie Violine, Komposition und Musikerziehung und an der Universität Musikwissenschaft, Germanistik und Philosophie. 

 
Zunächst war er als Geiger und Musiklehrer tätig und stand einerseits in Kontakt zur avantgardistischen Untergrundszene junger Maler und Literaten um dem Art-Club und andererseits zum Schönberg-Kreis der österreichischen Sektion der IGNM; der Schönberg-Schüler Josef Polnauer  gab ihm privaten Analyseunterricht zu Werken der Wiener Schule. 1956, 1958 und 1959 nahm er an den Darmstädter Ferienkursen teil und 1958 gründete er mit Kurt Schwertsik in Wien das Ensemble „die reihe“, das  konsequent  Werke der Avantgarde, der Wiener Schule und der gesamten klassischen Moderne präsentierte und internationale Anerkennung fand. Von 1959 bis 1988 lehrte Friedrich Cerha an der Hochschule für Musik in Wien, wo er von 1976 bis 1988 eine Klasse für Komposition, Notation und Interpretation neuer Musik leitete. 
 
Von 1960 bis 1997 war er gleichzeitig als Dirigent mit renommierten Ensembles und Orchestern bei international führenden Institutionen zur Pflege neuer Musik und Festivals (Salzburger Festspiele, Berliner Festwochen, Wiener Festwochen, Biennale Venedig, Warschauer Herbst, Festival d’Automne Paris, Jyväskylä Festival, Musica Viva München, Nutida Musik Stockholm, Neues Werk Hamburg, Musik der Zeit Köln etc.) und auch an Opernhäusern (Staatsoper Berlin, Wien, München, Liceo Barcelona, Teatro Colon Buenos Aires etc.) tätig. 1978 gründete er mit Hans Landesmann im Wiener Konzerthaus den Zyklus Wege in unsere Zeit, den er bis 1983 leitete. Ab 1994 verband ihn auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem Klangforum Wien, dessen Präsident er bis 1999 war. 
 
Er lebt heute als freischaffender Komponist in Wien und seinem Landhaus in Maria Langegg. 
 
Friedrich Cerhas Herstellung einer spielbaren Fassung des III. Akts der Oper Lulu von Alban Berg (UA 1979 in Paris) hat der Musikwelt ein wesentliches Werk des 20. Jahrhunderts vollständig erschlossen. Im Zeitraum der Arbeit daran (1962 bis 1978) entstand sein eigenes Bühnenstück Netzwerk ( UA 1981 Wiener Festwochen), dem thematisch und musikalisch Vorgänge um die Gegensätze von Leben, das sich entwickeln will, und Ordnung, die sich erhalten möchte, zugrunde liegen. In seinen Opern Baal (UA 1981 Salzburger Festspiele), Der Rattenfänger(UA 1987  Steirischer Herbst) und Der Riese vom Steinfeld (UA  2002 Staatsoper Wien) geht es in verschiedenen Facetten um das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, das ihn seit den Erlebnissen in seiner Jugend beschäftigt und geprägt hat. 
 
Seine Jugendwerke  sind  stilistisch vielfältig. In seinem Orchesterzyklus Spiegel (1960/61), der heute als ein Hauptwerk der sogenannten Klangkomposition gilt, hat er zu einer von traditionellen Formulierungen gänzlich freien Klangsprache gefunden, die er im Baal mit aus Traditionen Herzuleitendem zu einer organischen Einheit verschmolzen hat. Sein Spätwerk führt  Vorstellungen aus beiden Welten weiter. Charakteristisch für sein Gesamtwerk sind direkt emotional mitvollziehbare Entwicklungen und sein Streben nach Reichtum in seiner Musik. 
 
Friedrich Cerha erhielt zahlreiche Aufträge für Ensemble-, Chor- und Orchesterwerke durch hervorragende Institutionen und Festivals (Koussevitzky-Foundation New York, BNP Paribas Paris, Festival de Música de Canarias, Südwestfunk Baden-Baden, Westdeutscher Rundfunk, Musica Viva München, Konzerthaus Berlin, ORF Wien, Steirischer Herbst Graz, Konzerthaus und Musikverein Wien, Wiener Philharmoniker etc.) und ebenso zahlreiche Preise und Ehrungen, zuletzt 2006 den Goldenen Löwen der Biennale Venedig, den Orden Officier des Arts et des Lettres, 2011 den Musikpreis Salzburg und 2012 den Ernst von Siemens Musikpreis. 
 
Saison 2019/20
 

Daniel Ottensamer

Sowohl als Solist und Kammermusiker, als auch in seiner Funktion als Soloklarinettist der Wiener Philharmoniker konzertiert Daniel Ottensamer mit namhaften Orchestern und bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten in den wichtigsten Musikzentren der Welt.

Zahlreiche Preise bei internationalen Wettbewerben wie dem „Carl Nielsen International Clarinet Competition“ in Dänemark 2009, begleiteten seinen künstlerischen Werdegang.

Zu den solistischen Höhepunkten der Vergangenheit gehörten Daniel Ottensamers Debut mit den Wiener Philharmonikern und dem Klarinettenkonzert von Carl Nielsen sowie seine Auftritte als Solist unter Lorin Maazel, Gustavo Dudamel, Andris Nelsons, Adam Fischer, Ivor Bolton etc.

Auf CD erschienen ua. die Einspielung des Klarinettenkonzertes von W.A. Mozart mit dem Mozarteumorchester Salzburg. 2019 erschien „La Vie en Rose“, mit einer Sammlung französischer Werke für Klarinette und Orchester sowie 2020 eine Aufnahme der Brahms-Sonate, orchestriert von Luciano Berio (Sony Classical).

Daniel Ottensamer ist Gründungsmitglied des Ensembles „Philharmonix“, das ein musikalisches Repertoire von Klassik über Jazz und Klezmer bis hin zu Pop und Swing abdeckt und 2018 den „Opus Klassik“ gewann.

Zu seinen Kammermusikpartnern zählen Musikerpersönlichkeiten wie Daniel Barenboim, Angelika Kirchschlager, Barbara Bonney, Thomas Hampson, Bobby McFerrin, Krassimira Stoyanova, Heinrich Schiff, Julian Rachlin und das Hagen Quartett.

Daniel Ottensamer ist Gestalter eigener Zyklen im Muth Wien (Daniel Ottensamer in the Muth) sowie im Großen Saal des Wiener Konzerthauses (Philharmonix).

Mittwoch, 27. Januar 2016, 20 Uhr

Wien, Musikverein, Werner-Otto-Saal